MAVA spricht

MAVA spricht

Im Raum


Losgelöst von mir selbst schwebt mein Ich im Raum. Der Raum ist dunkel - oder ich bin blind.
Der Raum scheint keine Wände zu haben - oder ich bin noch nicht auf sie gestoßen.

Ich höre mich rufen. Weit weg, aber ich bin sicher, es ist meine Stimme, die da schreit.
Unbeholfen rudere ich mit den Armen, versuche dem Klang zu folgen - aber das Vakuum bietet keinen Widerstand um zu lenken und die Stimme ändert konstant ihre Richtung.

Ein Moment vergeht oder auch ein Leben - ich glaube jedenfalls, dass ich gerade neben mir stehe. Links - oder hinter mir. Rechtens ist es so jedenfalls nicht.
Also laufe ich mit geschlossenen Augen rückwärts in der Hoffnung, dass es irgendwann „rums“ macht und ich mit eines meiner gleichen zusammenstoße- wir uns gegenseitig das Blut aus den Wunden lecken können.

Da flüstert mir meine innere Stimme direkt ins Ohr - sie sagt leise meinen Namen als wolle sie mir damit behutsam über den Kopf streicheln.
Endlich! Erschrocken reise ich die Augen auf, versuche sie zu packen, die Chance zu nutzen, die Stimme in mir zu ergreifen- … doch erfasse nur, dass meine Hände rau und trocken sind. [ . . . ]

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Die Stimme ist fort und ich höre wieder nur meine Gedanken.
Also rolle ich mich zusammen und schwebe betäubt in der Fötus-Stellung in die Nacht hinaus.
Mit der Zunge fahre ich über meine Lippen. - schmecke den letzten bitteren Nachhall ihrer Worte.
Nur eine dumpfe Vorstellung von mir bleibt.

Doch wo ein Echo, da auch ein Raum. Wo ein Raum, da auch eine Wand - schlussfolgere ich und multipliziere, addiere, teile durch PI und löse den Doppelbruch. Ich habe die richtige Zahl. Schwarz auf weiß. Der Umkehrschluss funktioniert - die Rechnung geht auf.
Es ist gut - oder zumindest ist es da. Theoretisch macht es in sich geschlossen also Sinn.
Doch in der Praxis bleibt die Situation unverändert. Unfassbar. Leer.

Ich frage mich, ob ich vom Weg abgekommen bin oder nur entdeckt habe, dass es keinen Weg gibt?!
Wenn es dunkel ist und man schwebt, kann man die Geschwindigkeit schwer einschätzen. Vielleicht dreht sich die Welt um mich und ich ruhe bereits in Frieden - oder ich fliege so schnell, dass mich das Licht nicht einholen kann und es deshalb dunkel ist. Irgendetwas hinterlässt jedenfalls das flaue Gefühl des freien Falls in meinem Magen.



Ich sortiere die Überschriften der Möglichkeiten nach ihrer Wahrscheinlichkeit. Dann nach dem Alphabet, weil es mir doch so übersichtlicher erscheint.
Unterpunkte weiter als in 1.3 zu gliedern wird im wissenschaftlichen Arbeiten nicht empfohlen. Also halte mich daran. Halte mich fest - an den Regeln wie an einem Seil, bis ich merke, dass auch das Seil nicht verankert ist. Alles, was scheinbar Stabilität verliehen hat, war nur das Eigengewicht. Das Ende baumelt lose - wie ich.

Angst erfasst mich. Ich lasse es fallen, schreie, weine, schlage wild mit den Händen um mich, in der Hoffnung, mich aufzulösen … oder zumindest auf irgendetwas handfestes zu stoßen, das mir Orientierung in diesem dunklen, unendlich groß scheinenden Raum gibt.
Ich werfe die Arme und Beine mit Anlauf und ganzer Kraft von meinem Körper. Wünsche mir, dass es mich in kleine Teile zerreißt, die nur sind, und nichts mehr haben.
Zumindest keinen Verstand, der sie um's SEIN bringt.

Ich bin nicht sicher ob es funktioniert hat.
Doch die Dunkelheit lässt Raum zur Interpretation.
Und ich träume.

Da erwischt mich etwas. Völlig unverhofft. Ich erstarre und halte inne.
Habe ich mir gerade selbst ins Gesicht geschlagen?! Da bin ich also doch! Ich bin!
Gierig folge ich dem Geruch des Blutes, das aus meiner Nase tropft und eine Spur legt.
Der Schmerz hilft mir mich zu orten und bietet eine momentane Lösung. Er weist mir zumindest die Richtung, in die ich nicht soll.
Kurz fühle ich mich erlöst. Kann für diesen Moment befreit ausatmen.

Doch auch die Zukunft lässt Raum zur Interpretation.
Und ich träume.

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